Donnerstag, 13. Februar 2014

Zehn kleine Lädelein

Vor so ungefähr fünfzehn Jahren, als ich noch in einer süddeutschen Zuckergussstadt studierte, habe ich mich immer darüber aufgeregt, dass die Einwohner dieser Stadt nette, originelle, gute kleine Läden ungefähr so behandeln wie die zahlreichen aus öffentlicher Hand gepflegten Sehenswürdigkeiten dieser Stadt. Sie entwickelten so etwas wie ungerechtfertigten Stolz auf sie, als hätten sie mit der Wahl ihres Wohnortes persönlich zu ihrem Entstehen und ihrem Erhalt beigetragen, führten auch gerne Besuch von außerhalb dorthin, aber regelmäßig reingehen und etwa Geld dalassen? Nein. "Das ist hier ein total niedlicher Käseladen, der ist schon vierzig Jahre alt, riecht mal" sagten sie z.B., um trotzdem ihren kompletten Käse vorgeschnitten und eingeschweißt im verdammten Lidl zu kaufen. "Ach, das muss ich euch zeigen, das ist echt mein Lieblingsladen in der Innenstadt, die haben alle Süßigkeiten von früher, das ist wie eine Zeitreise!". Ja, toll, aber kaufen? Nee. Gleichzeitig war die Aufregung groß, wenn ein netter kleiner Laden nach dem anderen verschwand und Platz für Handyläden, Ketten und Ramsch machte. "Die Innenstadtmieten sind Schuld" stimmt bestimmt zum Teil, aber die andere Wahrheit ist: solche Läden werden eben nicht aus öffentlicher Hand bezahlt, sie können sich nur halten, wenn man sie nicht nur romantisiert und sich freut, dass sie da sind, sondern auch dort kauft, und zwar nicht nur mit Besuch von außerhalb, sondern am besten jede Woche.

Jetzt wohnen wir in der Vorstadt, und in den letzten zwölf Monaten haben dicht gemacht: der Spielzeugladen, die Metzgerei, der Kosmetikladen (kein großer Verlust in diesem Fall), die Drogerie, die so bequem direkt gegenüber von meinem kleinen Edeka lag, der andere kleine Supermarkt an der anderen Ubahn-Station, in den ich auf dem Heimweg mal schnell für einen Liter Milch, Special K's und einen Salat huschen konnte, und der Buchladen wird als nächstes dran glauben, wenn man die leeren Regale so sieht. Ein paar hundert Meter weiter nach Süden lag bis vor zwei Jahren das niedliche Eiscafé von L.s zwei Abikolleginnen, man konnte da sitzen und nicht nur Eis, sondern auch getoastete Panini und Suppen und Kuchen bekommen, dazu einen netten Schnack mit den Wirtinnen und ein paar Klatschzeitschriften. Es war nett! An den anderen Tischen saßen oft Muttis, die sich laut darüber freuten, dass man hier bei einem Milchcafé wunderbar den Vormittag verbringen kann. Bei EINEM, wohlgemerkt. "Und bitte ein Glas Leitungswasser für Lukas". Es ist nicht mal, dass all diese Muttis kein Geld haben oder meine Vorstadtnachbarn kein Geld für Parfum, Bücher oder Fleisch. Gerade für Fleisch haben sie scheinbar eine Menge Geld, wenn man mal einen verstohlenen Blick in ihre Einkaufswagen wirft. Sie sind nur vielleicht zu geizig. Oder zu bequem, noch ein paar Meter weiter zu gehen. Oder sie kaufen grundsätzlich nirgendwo ein, wo man mehr als zehn Meter vom Parkplatz aus zurücklegen muss; ich kann mir das gut vorstellen.

Mir tut jeder leid, der in so einer Gegend und in so einer Zeit beschließt, einen Laden aufzumachen. Ist der Laden langweilig oder schlecht geführt, hat er sowieso keine Chance. Ist er toll, einzigartig, mit Liebe gemacht und gut in Schuss, verwandeln die Kunden sich in Touristen, fassen alles an und gehen wieder. Ich finde das traurig. Wenn Jan-Ole irgendwann mal groß ist, gibt es hier nur noch die zwei Riesensupermärkte, in denen es siebzehn Sorten Wiener Würstchen aus dem Glas gibt, aber keinen leckeren Rotwein und keinen ungestreckten Obstsaft, und sonst gar nichts.

Ach ja. *seufzte sie und war sich nicht ganz sicher, ob das nicht alles ein bisschen überzogen ist und ob sie wirklich niemals selbst Supermarktkäse kauft und all das...*

Wo waren wir? Tag neun der Stimulation. Ich spritze immer noch, nachdem ich meiner Ärztin noch mal eindringlich ins Gedächtnis gerufen hatte, wie das lief bei IVF Nr.4, als wir am Ende auch dachten, die Eizellen schaffen das alleine, woraufhin sie alle beleidigt eingegangen sind. Mir gehts gut, nichts drückt oder ziept, und laut letztem Ultraschall wachsen rechts so um die drei Eizellen und links irgendwas zwischen sechs und acht. Nicht schlecht für 40, finde ich! Die 5:2-Diät macht nun allerdings Pause bis zum Test. Ich habe mir sagen lassen, ich brauche das Eiweiß gerade dringender als eine kleinere Jeansgröße.

1 Kommentar:

  1. Liebe Flora,
    du hast so recht.
    Ich werde mir jetzt vornehmen auch öfter in die kleinen schönen Läden zu gehen und Geld da zu lassen :o)

    Hoffe deine Stimulation bleibt weiter beschwerdefrei!
    Viele Grüße
    ♥ Lilly

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