Donnerstag, 24. Januar 2013

Tschüß, vierter Monat

Heute ist der letzte Tag des vierten Monats. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so weit kommen würde. So schizophren das auch klingt, denn wenn ich das wirklich nicht geglaubt habe, wieso habe ich mir dann trotzdem Hormonspritzen in den Bauch gejagt, Urlaube abgesagt und ohne mit der Wimper zu zucken die dicken Rechnungen bezahlt? Gut, sagen wir: der größte Teil von mir hat nicht daran geglaubt und glaubt es irgendwie immer noch nicht so recht. Auch, wenn ich nur an mir runtergucken muss, um überdeutlich zu sehen, dass da was ist, und zwar etwas Handfestes - ich glaube und glaube es einfach noch nicht. Auch deshalb hab ich gestern wieder angefangen mit den Nachrichten an das Würmchen, vielleicht muss ich erst für mich selbst Beweise schaffen. Fotos, Briefe, Ultraschalls - vielleicht sollte ich die Würmchenbilder nicht mehr in der letzten Seite des Mutterpasses aufbewahren, sondern eingerahmt auf den Nachttisch stellen. Was mir wiederum Ärger mit L. einbringen könnte, der immer noch ein bisschen vorsichtiger und misstrauischer ist als ich, auch wenn das kaum vorstellbar scheint - wo ich die Handbremse anziehe, hat er zusätzlich Krallen an allen vier Reifen befestigt und sich mit dem Abschleppgurt an einen Betonpfeiler geschnallt, der Gute.

Morgen fahren wir (falls ich seine zehn um die Sofalehne gekrallten Finger lösen kann) zusammen zu IKEA, und neben den langweiligen Themen (Schuhschränke für den Speicher, neuer Wasserhahn für die Küche usw.) habe ich fest vor, zum ersten Mal in meinem Leben nicht für anderer Leute Kinder, sondern für mein eigenes mit Genuss eine halbe Stunde in der Kinderabteilung zu verbringen. Gestern hatte ich die Idee, eins dieser weißen Holzbettchen zu kaufen und dann, sobald klar ist, was es wird, eine einzige der Stangen entweder hellblau oder pink zu streichen. Könnte hübsch aussehen. Zum Kaufen ist es morgen noch zu früh, aber gucken dürfen wir doch? Genau wie nach Kapuzenhandtüchern, Wickelkommode und Wippe. Auch, wenn ich es morgen selbst wieder nicht glauben werde, zumindest mein Körper wird sich durch die Abteilung bewegen und klitzekleine Dinge berühren. Ich will nicht in drei Jahren aufwachen und mir denken, dass ich meine eigene, einzige Schwangerschaft vollkommen verpasst habe, nur weil ich dem Wunder nicht getraut habe.

Schwangerschaftsverhalten:
Gerade stelle ich fest, dass in meinem Kopf zumindest vorübergehend ein Schalter umgelegt wird von "Fütter die gierige Flora" auf "Fütter das gierige Kind". Obst zum Frühstück ist sonst nicht mein Stil. Anhalten wird das wohl leider kaum.
Ich habe den Kleiderschrank ausgemistet und alles rausgeräumt und weggefaltet, was mir jetzt schon zu eng ist oder nicht für den Winter geeignet und im Frühjahr zu eng sein wird. Was übrig bleibt, ist gar nicht mal so wenig, Gott segne und schütze die Hängerchen-Mode der letzten Jahre mit ihren Kistenkleidern und Empire-Taillen. Wenn ich Glück habe, muss ich irgendwann noch mal einen Packen größere Unterhosen und Strumpfhosen kaufen und noch eine zweite Schwangerschaftsjeans, dann war es das fast. Und für die Schwangerschaftsjeans wird ein Fresssack wie ich auch nach der Schwangerschaft noch dann und wann Verwendung haben, ich denke da z.B. an herbstliche Mädchenwochenenden in der Heide oder Verabredungen zum Brunch? Wo ein Achtmonatsbauch Platz hat, passen auch ein paar Cheeseburger, Lasagnen, Risotti und Croissants rein.
Und ich hatte letzte Woche an die Künstlersozialkasse (die für mich zuständige Stelle, wenn es um Krankenversicherung, Rente und Sozialversicherung geht) geschrieben, um zu erfahren, wie es bei mir mit Mutterschutz aussieht. Eine oberflächliche Internet-Recherche hatte da eher schlechte Nachrichten zutage gefördert, als Selbständige ist man in vielerlei Hinsicht gekniffen. Aber heute gab es ausnahmsweise gute Nachrichten: die sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, die Angestellten neben dem Elterngeld zustehen, kriege ich auch. Ich muss noch mal zählen, könnte mir aber vorstellen, ich bin jetzt auf 50 verbleibende Arbeitstage runter? Sollte einer meiner wichtigsten Auftraggeber hier mitlesen (was gut sein kann, die sind ja beileibe auch nicht blöd, nicht wahr), dann will ich sagen: natürlich kann man sich kaum was Schöneres wünschen, als seine Zeit an einem so herrlichen, ausgezeichneten Arbeitsplatz unter so kompetenten und liebenswerten Menschen zu verbringen. Es müssen also die Hormone Schuld sein, wenn ich mich gerade wie ein Derwisch freue auf die Zeit, in der ausschließlich das Würmchen, die Hunde und ich selbst meinen Tag bestimmen. Eine Zeit ohne Kunden, Präsentationen, Strategien, Copies, verzweifelten Meeting-Brainstormings und Goldideen, ja vor allem ohne Goldideen. (Wer aus dem gleichen Job kommt, weiß wovon ich rede, allen anderen ist das ganze Elend und die ganze Würdelosigkeit der Goldidee nicht zu vermitteln.)
Und nachher gehe ich zur zweiten Stunde Schwangerschaftsyoga.

3 Kommentare:

  1. Oh, Ikea stöbern ist tooooll! Wir waren das erste Mal auch nur zum Gucken da, aber dann, schon gut bebaucht, haben wir zugeschlagen :-)

    Mit der KSK habe ich auch so meine Erfahrungen gemacht. Die gute Nachricht: Mutterschaftsgeld gibts. Elterngeld auch. Allerdings bin ich nach dem Mutterschutz (freiwillig) ausgeschieden, weil ich tatsächlich vorhatte, das ganze Elterngeldjahr über nicht zu arbeiten, sprich: auch keine Beiträge zu zahlen. Jetzt, nach 18 Monaten Pause, muss ich die Mitgliedschaft komplett neu beantragen :-( Eine formlose Wiederaufnahme wäre vielleicht, vielleicht nach 12 Monaten noch möglich gewesen ... tja, da gabs aber noch keinen Betreuungsplatz.
    Es ist also wirklich zu empfehlen, sich da vorher gut zu informieren (tust du ja) und einen ungefähren Plan zu haben, wie man das alles organisieren will. Nervt, zahlt sich am Ende aber aus.

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  2. Hallo Flora!
    Ich habe mich auch lange nicht so richtig über die Schwangerschaft freuen können, weil ich immer Angst hatte, dass es bald wieder vorbei ist. Bei mir wurde es so um die 20. Woche rum besser, weil ich ab da jeden Tag die Bewegungen von meinem kleinen Bauchbewohner gespürt habe, ein unbeschreiblich schönes Gefühl!
    Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass es dir bald auch so geht, und du dem Wunder trauen und die Schwangerschaft richtig geniessen kannst.
    Viel Spass bei der IKEA! :)
    Liebe Gruesse

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  3. Ohja, die Goldideen ... Vielleicht sieht man Dich ja im Mai mit dicker Kugel durch die ADC-Ausstellung schlendern?

    Mitfühlende Grüsse
    Barbara (die dieser Tage ungezählte Pappen raushauen muss)

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