Donnerstag, 22. September 2011

Das wird auch alles immer oberflächlicher und kommerzieller

Heute war ein guter Tag für Entscheidungen. Das hab ich schon beim Aufwachen gespürt. Und deshalb war ich heute zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen in einem Fitnessstudio, in das ich vielleicht - ganz vielleicht - eintreten könnte. Insgesamt gibt es drei davon in meinem kleinen, leider extrem dezentral gelegenen Stadtteil. (So dezentral, dass facebook mich demütigt, indem es behauptet, ich würde "in der Nähe von Hamburg" wohnen. Was fällt denen ein?) Studio Nr.1 kommt nicht in Frage, dazu musste ich noch nicht mal mehr als einen kurzen Blick auf die Homepage werfen. In Studio 1 gibt es wöchentlich gerade mal sieben Kurse, die alle entweder mit Rücken oder Bauch zu tun haben, und ich will Pilates, Yoga und Sauna. Für einen insgesamt mehr als schäbigen Eindruck und ein nicht vorhandenes Angebot will dieses Studio trotzdem monatlich ca. 60 Euro. Die sie von mir nicht kriegen. In Studio zwei war ich sogar mal Mitglied, für zehn Minuten: der Gästebetreuer, nennen wir ihn Mario, wollte mich keinen Blick auf den Spabereich werfen lassen. Also habe ich zu ihm gesagt: lieber Mario, der Spabereich ist mir extrem wichtig, und wenn er mir nicht gefällt, bin ich hier schneller wieder ausgetreten, als du gucken kannst. Siegessicher winkte er ab. Ich habe unterschrieben, mich umgezogen, und fünf Minuten später bin ich auf meinen Badeschlappen schlapp-schlapp erst drei Meter weit in den Spabereich rein- und sofort wieder rausgeschlappt und habe Mario gezeigt, dass ich normalerweise zu meinem Wort stehe. Es war dreckig. Man stand in den langen, zu dicken buschigen Gebilden zusammengeknüllten Haaren fremder Frauen, und zwar überall, unter der Dusche, im Ruheraum (fensterlos und ca. 15 Grad kalt) und zwischen den zwei-drei Saunen (abblätternde Farbe, moderndes Holz, herumstehendes Putzzeug, Bodyshop-artiger Kinderparfum-Geruch). Seitdem hat Mario mich noch drei mal angerufen, um zu fragen, ob wir uns nicht irgendwie entgegen kommen können. Das ist sein Job, der Ärmste. Heute war ich in Studio Nr. 3. Und alles war eigentlich gut. Es war sauber, blitzsauber sogar, frei von Zuhältern auf Brautschau, es gab genug Geräte, einen großen und einen kleinen Pool, und der Kursplan sah so aus, als könnte ich an jedem beliebigen Tag zu jeder beliebigen Zeit da reinkommen und innerhalb von 60 Minuten in einem Kurs stehen, der mir gefällt. Und das alles ungefähr zwanzig Fahrradminuten von zuhause entfernt. Überall waren alte Leute, die sich bei der Wassergymnastik zu Tom Jones und "Mendocino" hörbar prächtig amüsierten. (Eine hohe Alte-Leute-Dichte ist für mich immer ein gutes Zeichen in einem Fitness-Studio.) Ich war angetan. Gästebetreuer Marco rieb sich schon die Hände.
Ich bin trotzdem nicht eingetreten. Ich kann nicht anders. Ich bin vollkommen verdorben. Ich war drei Jahre lang Mitglied in Hamburgs schönstem Fitnessstudio, und jetzt kriege ich das nicht mehr aus dem System. Ich habe mich zu sehr gewöhnt an Mitarbeiter ohne Klebenägel, an frische Blumen und dunkles Holz überall, an Tageslicht und gute Gerüche und Platz für alle, an einen Ruheraum, in dem man nicht auf Plastikpolstern liegt und selbst bestimmen kann, ob man die Füße hoch möchte oder nicht, an schöne Aufgüsse, an Obstteller in der Sauna, an einen Außenbereich, in dem man sich nicht fühlt wie in der Raucherzone eines Autobahnhotels, an echte Pflanzen und echte Teiche mit echten Fischen, an Duschgelspender, aus denen kein WC-Reiniger-artiges Zeug kommt, und an Gästebetreuer, die einen nicht auf dem Handy anrufen, sondern mich in Ruhe lassen, bis ich was von ihnen will. Und das gibt es für nur zehn Euro mehr pro Monat als Studio 3. Ich fühle mich als Snob, und leider bin ich so erzogen worden, dass man kein Snob sein soll. Aber ich kann's nun nicht mehr ändern. Lieber Mario, lieber Marco, es tut mir leid. Es ist nicht eure Schuld.

("Hat die eigentlich sonst keine Sorgen?" Nee, heute hat die sonst keine Sorgen. Heute ist ein sehr guter Tag. Aber das erklär ich euch später, versprochen.)

(NEIN, verdammte Axt, ich bin NICHT schwanger!)

3 Kommentare:

  1. ...und warum trittst du nicht einfach wieder ins M. ein? :-))

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  2. Genau das werde ich dann wohl tun. Hat ja keinen Zweck sonst. :)

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  3. Ich möchte nicht drängeln... wann ist denn endlich "später"???

    Juli

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