Donnerstag, 6. Januar 2011

Dr. Jekyll und Mrs. Proper

Ich weiß, dass meine Freundinnen diesen Blog auch lesen, also auch vermutlich irgendwann diesen Post. Und die werden wohl eher skeptisch sein, wenn sie hören, was ich euch zu sagen habe: ich bin nicht immer der unordentlichste Mensch der Welt. Ich kann, ja, ich kann auch putzfimmelig sein. Zumindest dann, wenn es an die Feinheiten geht. Ich lasse manchmal die Hütte wochenlang vor die Hunde gehen. Dann stapelt sich die frisch gewaschene Wäsche in riesigen Haufen, und wenn es ganz blöd läuft, kann ich nicht mehr unterscheiden, was frisch und was getragen ist. Es knirscht unter den Füßen, und selbst die Bücher, die im Regal sind, stehen da nicht, sondern liegen irgendwie herum. Wenn es dann plötzlich klingelt und ein verschwitzter, schmuddeliger und leicht nach Bier riechender Handwerker draußen steht, dann schäme ich mich sehr, ihn reinzubitten in dieses Chaos.

Aber dann. Dann kommt irgendwann der Tag, an dem es mir zu viel wird. Die Sehnsucht nach einer ordentlichen Bude ist immer da, versteht mich nicht falsch, nur leider oft die Sehnsucht nach einer ordentlichen Bude dank Heinzelmännchen oder dank einer schmerzlosen und ansonsten unauffälligen Persönlichkeitsspaltung. Schön wäre es, wenn ich nachts im Schlaf aufstehen und putzen und aufräumen würde, ohne mich am nächsten Tag daran zu erinnern. Wobei, auch putzen ist eigentlich nicht das Problem. Das Problem ist das Aufräumen.
Jedenfalls, trotz meiner Abneigung gegen das Aufräumen kommt irgendwann dieser Tag. Der Tag, an dem es mir entweder selbst zu viel ist, oder der Tag, bevor wir abends Besuch erwarten. Dann muss ich. Und wenn ich meinen trägen Körper erst mal in Gang gesetzt und die Gummihandschuhe angezogen habe, dann kommt der Moment, der die Überschrift dieses Posts rechtfertigt. Es ist nämlich nicht so, dass ich dann alles in irgendwelche Kisten und Schubladen stopfe, einmal mit dem feuchten Swiffer durchgehe und mich wieder hinlege. Nein, wenn ich dann dabei bin, dann wird es zum Fieber. Ich popele das alte Wachs von Kerzenständern ab und lege sie in heißes Wasser, damit auch der letzte Rest davon verschwindet. Ich laufe mit einem Schälchen Alkohol (und damit meine ich kein Rotweinglas) und Ohrenstäbchen durchs Haus und entstaube die Steckdosen. Ich nehme die alte Karte von meinem Fitnessclub und kratze jedes Krümelchen unter dem Rand der von sächselnden Monteuren schlampig angeschraubten Ikea-Cerankochplatte hervor. Ich nehme das duftende Holzpflegemittel und poliere das Treppengeländer. Und wo ich schon dabei bin, poliere ich mit dem guten Holzpflegemittel auch die Haustür von außen. Leider stoße ich dann irgendwann an meine Grenzen, denn die Hütte ist (wie schon ungefähr 2000 mal gesagt) immer noch längst nicht fertig, und manche Ecken muss ich an solchen Tagen ignorieren, wenn ich nicht wahnsinnig werden will. Und wenn das alles geschafft ist, dann gucke ich mich um und beschließe, dass das ab sofort immer so bleibt. Ab jetzt wird wieder nach jedem Spülgang das Spülmaschinensieb saubergemacht. Ab jetzt gibt es wieder einen Bügelkorb, und das ist der einzige Ort, an dem frisch gewaschene Wäsche sein darf, abgesehen von meinem Körper und meinem Kleiderschrank. Ab jetzt bin ich diese andere Person, die ich eigentlich nicht bin.

Wisst ihr, was daran gruselig ist? Die Vorstellung, irgendwann mal Mutter von zwei oder drei Kindern zu sein, fühlt sich nie so realistisch an wie in diesen Momenten. Für mich haben Mütter eine am Kopf festgewachsene Sprechblase, in der steht "Räum dein Zimmer auf". Und in meiner Sprechblase steht das grundsätzlich nie. Was fällt eigentlich einer wie mir ein, Kinder großziehen zu wollen? Ich rolle ja noch nicht mal meine Gästehandtücher auf. Die ich noch nicht mal besitze!!!

Bitte verpetzt mich nicht, ja?

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