Donnerstag, 21. Oktober 2010

After Work-Tea-Party

Inzwischen weiß ich auch nicht mehr, warum ich nicht sofort Hurra geschrieen und ja gesagt habe, als die mich gefragt haben, ob ich ab sofort - ganz unverbindlich, auf keinen Fall exklusiv und überhaupt ganz nach meinen Regeln - drei Tage in der Woche für einen wirklich netten Laden arbeiten will. So dass von jeder Woche theoretisch vier Tage bleiben, an denen ich treiben kann, was ich will: mich anderswo buchen lassen, Kurzreisen machen, auf dem Rücken liegen und schmollen, mir ein Hobby suchen, vor Kalorien funkelnde Mahlzeiten kochen und essen oder posten. Dank dieser Regelung habe ich gestern Abend um sechs mein festes Soll schon erfüllt und hätte jetzt Wochenende, wenn ich nicht sekündlich mit dem Anruf eines anderen Auftraggebers rechnen würde, der sich heute früh melden wollte, um mich unter einem Haufen Arbeit zu begraben. Aber wir werden sehen, ob das wirklich alles so monströs viel ist.

So sieht's also aus: ich sitze mit nassen Haaren am Esstisch, trinke mein zweites Tässchen Tee des Tages, habe das Telefon in Griffweite und fühle mich ansonsten als rundum freier Mensch. Wenn ich an mir runtersehe, dann sehe ich vor allem meinen roten Wollpulli, unter dem man den Enantone-Ballon nicht mehr sehen kann. Jedenfalls nicht durch den Pulli. Ohne Pulli sehe ich ein kleines gelblich verfärbtes Böllchen, in etwa so, als ob man von einem Tischtennisball das obere Drittel abgeschnitten und mir unter die Haut geschoben hätte. So fühlt sich das auch an. Draufdrücken ist nicht so gut, aber ich muss ja schließlich auch nicht dauernd auf meinen Bauch drücken. Ganz so anschaulich hatte ich mir das Depot bei diesem Depotmedikament nicht vorgestellt: ich dachte nicht, dass ich jetzt eine kleine Kugel neben dem Nabel hätte, von der sich mein Körper jeden Tag ein kleines Stück abknuspert. (Als ich noch klein war, haben mir meine Großeltern mal einen Tiroler Speck aus dem Skiurlaub mitgebracht. Ich war schon damals mehr für sowas zu haben als für Schokolade. Der Speck hing im Vorratskeller, und jeden Tag bin ich da runtergeschlichen und habe mir ein winziges Stückchen abgeschnitten, bis er irgendwann ganz verschwunden war. So in etwa stelle ich mir das mit Enantone jetzt vor. Ob die mich beim nächsten Mal ein bisschen probieren lassen?) Nebenwirkungen: einen Tag lang habe ich fürchterlich geschwitzt, aber das lag vielleicht auch an dem sehr, sehr preiswerten Wollkleid, in dem ich an diesem einen Tag unterwegs war. Seitdem nichts. Enantone: wieder etwas, wovor man keine Angst haben muss.

Oben hämmert und flucht L., der sich daran gemacht hat, schon mal so viel zu unserem Badezimmerumbau beizutragen, wie er nur kann. Der erste Handwerker, der vor zehn Tagen da war, hat selbstbewußt etwas von 35.000 Euro gesagt. Da haben wir herzlich gelacht und nachgedacht, jetzt müssen wir also selbst ran, vor allem L. Seit dem ersten Handwerker waren inzwischen vier andere da, und wieder mal ist zu beobachten, dass IVF nicht der Ausnahmezustand ist, den man nach ein paar Minuten in einem Forum zum Thema erwarten würde. Eigentlich ist so ziemlich alles, was man schon kennt, auch wie IVF. Die Handwerker z.B.: jeder einzelne, den man fragt, sagt, dass all seine Vorgänger Blödsinn erzählt haben und es in Wirklichkeit genau anders gemacht werden muss, wittert aber dafür ein neues Problem, das unbedingt behoben werden muss. Und wenn nicht, dann... Sie werden schon sehen, wie das wird, Duschen ohne Fußboden. Bzw. Wohnen ohne Wände. Bzw. Leben in einer Ruine. Was lernen wir daraus? Wir lassen sie reden, sagen an irgend einer Stelle "Stop!", und der, der dann gerade in unserem Bad steht und unkt, kriegt den Auftrag, woraufhin wir mit Wänden und Fußboden duschen, uns waschen und uns Kuren in die Haare schmieren bis an unser glückliches Ende.

(Ich habe ziemlich gute Laune. Nicht nur, weil für mich ab heute theoretisch Wochenende ist, sondern weil ich die Zeit seit heute wieder mögen darf. Sie hat nämlich auf dem Titel einen richtig vernünftigen Mini-Artikel über PID gebracht, der nicht vom ethisch blasierten Jens Jessen geschrieben ist.)

Und dann das Buch. Tja. Was soll ich sagen: seid nicht traurig, wenn es noch nicht da ist; vielleicht tröstet es euch ja, dass ich auch bisher noch keins in den Fingern hatte und mich ab und zu frage, ob ich das alles nur im Hormonnebel geträumt habe oder es dieses Buch wirklich gibt.

3 Kommentare:

  1. liebe ffff,
    und letzte woche war in der zeit ein interview mit einer psychologin, die sich beruflich mit kinderwunsch-männern und deren problemen beschäftigt (unter zeit-online zu finden). sie hat ein sehr buch dazu geschrieben, das im juli veröffentlicht wurde.
    (petra thorn: männliche unfruchtbarkeit und kinderwunsch, Kohlhammer),
    auf dass der postmann zweimal klingelt...
    sssssss

    AntwortenLöschen
  2. Ich hab's :) es lag vor meiner Tür. Jetzt aber erstmal Yoga. Eindrücke folgen später :) Freu!Freu! die t.

    AntwortenLöschen
  3. Ich hab's auch :-) man, ist das vielleicht schön!!! konnte es leider erst mal nur überfliegen, aber freu mich schon auf ein kuschliges lesewochenende..hast du verdammt gut gemacht!

    AntwortenLöschen