Dienstag, 6. Juli 2010

ZACK! Arbeitsbienchen

In der letzten Staffel Stromberg sind so grauenhafte Dinge gesagt und getan worden, dass ich zwar unbedingt hinsehen wollte, aber nicht immer konnte. Es war nicht zum Aushalten! Und dann lief das auch noch kurz nach meinem Ausstieg aus meiner alten Firma, das heißt, ich war übersäht mit offenen Wunden wie ein Heiligenbild, und ich zuckte und ächzte mich durch die Folgen, weil fast alles, was da furchtbar war, so ähnlich auch schon mir passiert war oder Menschen, die ich kenne. Nicht ganz genau so und nicht genau so schlimm, aber irgendwie doch.

Um so merkwürdiger fühlt sich das an, jetzt Sehnsucht nach Büro zu haben. Nach einem Ort, in den man morgens aufbricht und den man abends hinter sich lässt und der den einzigen Zweck hat, dort zu arbeiten. Andere Menschen (wie z.B. L.) rufen einen da schon mal an. Dann freue ich mich, dass L. an mich gedacht hat, bin vielleicht kurz genervt, dass L. nicht weiß, wo sich sein eigener Kreuzschraubenzieher befindet, und lege nach drei Minuten auf, um zurück an meine Arbeit zu gehen. In meinem Büro klemmten zeitweise so viele Kippen zwischen Fenster und Rahmen, dass man das Fenster nicht mehr richtig schließen konnte. Außerdem konnte es schon mal passieren, dass Kippen in meinem Kaffee landeten. Der Kaffee war ein ganz eigenes Kapitel, im Grunde konnte ihm eine Kippe nicht viel anhaben. Auf meinem Tisch stand ein Telefon, und die dazugehörige Nummer hatten einige Kollegen, an die ich noch heute mit Zähnefletschen denke, an Kunden weitergegeben. An KUNDEN! Es kam also vor, dass das Telefon klingelte, und ein KUNDE! war dran und wollte irgend was, was mich gar nichts anging und auch nicht interessierte. Meistens waren die Lieblingsstifte aus oder weg oder gerade frisch bestellt. Vor den Fenstern der Firma versammelten sich im Sommer Hamburgs schlechteste Straßenmusiker. Der Fahrstuhl blieb oft stecken. Hach, wie ich das vermisse.

Denn jetzt sitze ich zwar hier in meiner herrlichen Bude im Grünen, aber niemand kapiert so recht, dass ich arbeite. Wie auch? Arbeit sieht bei mir so aus, dass ich in meinem Lieblingssessel sitze, den Rechner auf den Knien und Stöpsel im Ohr. Arbeiten sieht bei mir also aus wie Bloggen, Musik hören, Youtube gucken, Shoppen oder Emails schreiben. Das kapiert bisher weder L. noch der Hund. Einer von beiden kommt ständig an und stupst mich mit der Nase an oder zieht mit den Zähnen an meiner Hose. L. weiß immer noch nicht, wo sein Kreuzschraubenzieher ist, aber jetzt wird von mir mehr erwartet als ein kurz geknurrtes "Weißichdonnich". Jetzt soll ich sofort mitten im Satz den Rechner beiseite legen und suchen helfen. Und auf der Suche stößt L. noch auf drei von mir noch nicht geöffnete Briefe und will wissen, wieso ich meine Post nicht öffne. "Weil ich weiß, was da drin steht, die muss ich nicht öffnen. Das ist die Bestätigung für den Nachsendeantrag und zwei uralte Kreditkartenabrechnungen." Und dann geht's los. Wieso habe ich keine Ordnung in meinen Sachen? Weiß ich denn nicht, dass man Kreditkartenabrechnungen lesen muss? Dann müssen wir uns erst mal streiten, dann wieder vertragen, und dann irgendwann darf ich zurück in meinen Sessel zu meinem Rechner. Wo war ich gerade?

1 Kommentar:

  1. Hallo,
    ich lese seit ein paar Tagen mit und mag deinen Schreibstil und das was du schreibst sehr. Wirklich ehrlich und einfühlsam!
    Ich bin auch selbständig und finde es super. Aber manchmal schleicht sich auch bei mir der Gedanke an die guten, alten, sicheren, geordneten Arbeitstage mit Kollegen(!) ein.
    Warum ist das nur so, dass wir immer das was wir gerade nicht haben, haben wollen?
    Viele Grüße von P.

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