Mittwoch, 23. Juni 2010

Da hat N aus B völlig Recht.

So ist das eben, wenn man im Hotel plötzlich dieses Jahr kein WLAN mehr hat, weil in jedem einzelnen Hotelzimmer mindestens ein Mensch mit iphone oder Rechner sitzt und das für das schwache kleine Routerchen unten am Empfang zu viel wird. Dann denkt man nämlich, man hätte WLAN, und tippt mühsam auf seinem Telefon seitenlange Texte über seine Erlebnisse, und das dauert so lange, das man schon das Gefühl hat, überhaupt nichts mehr erleben zu können, weil man immer nur darüber berichten muss, und dann will man das ganze am Ende posten, und plötzlich heißt es wieder: Tut uns leid, kein WLAN. Und alles war für die Katz. So ist das eben, wenn einem das nicht ein- oder dreimal passiert, sondern sieben Mal. Und das, wo man doch eigentlich schon Postkarten hasst, weil man immer in dem Gefühl lebt, das ist so ein Brauchtum, das anderen leicht fällt, aber einem selbst klaut das halbe Tage des Urlaubs, weil man dran denken und Briefmarken und die Dinger auch noch einwerfen muss. Das ist dann so, als müsste man plötzlich für Blogposts noch Briefmarken kaufen.
Und wenn man dann wieder nach Hause kommt und vier Tage lang eine riesige Kiste voll Müdigkeit vor sich herschieben muss, weil man eine ganze Nacht verpasst hat, in der nächsten Nacht Geburtstag feiern muss bis früh um sechs, in der Nacht danach gleich gar nicht schlafen kann, weil man einem Tiramisu-Rezept vertraut hat, in das ziemlich viel Pulverkaffee kommt, und dann auch schon die nächste Geburtstagsfeier kommt, und die Tage zwischen diesen Nicht-Nächten auch nicht für ein kleines Nickerchen gut sind, sondern immer nur für schuften, schuften, schuften am Haus. Dann passiert das eben mal, dass man plötzlich zehn Tage lang nicht postet.

Aber gestern Abend hatte ich um acht mein Nachthemd an, um neun lag ich im Bett, und dann hatte ich eine kleine Zeitreise in meine Kindheit, als ich eingeschlafen bin, während draußen noch Sommerlicht und Sommergeräusche (Rasenmäher und so) zu hören waren und von nebenan aus dem Wohnzimmer die Fußballübertragung. Elfeinhalb Stunden später war ich wieder wach, hatte immer noch kein Internet, weder hier noch im Haus, noch in der neuen Hütte, und konnte zwar schreiben, aber nicht posten. Also habe ich heute morgen einen Post vorgeschrieben, und der wird jetzt gepostet im WLAN-Café mit den Rotweinpennern um die Ecke. (Das WLAN-Café ist ein ganz normales Café, in dem es aber WLAN gibt, und die Rotweinpenner scheinen mir auszusterben außer in diesem einen Café hier: das sind Penner, die keinen Schnaps und kein Bier trinken, sondern ein gepflegtes Gläschen Rotwein für drei Euro bevorzugen. Sie sitzen friedlich an ihrem Cafétisch, schwanken zwischendurch mal zum Zeitungsstand, um dann zurück am Tisch auf der dicken weichen FAZ einzuschlafen. Und ich mit meinem Rechner dazwischen fühle mich schon wieder in meine Kindheit versetzt, als es solche Penner noch häufiger gab und mein Opa sie Landstreicher genannt hat.)

Jedenfalls ist inzwischen Folgendes mit Kinderwunschbezug passiert:

Ich habe ein paar Tage lang ein bisschen geblutet und gekrampft, das hat dann aufgehört.

Ich versuche, mich vor allem auf der guten Seite der Ernährungsliste zu bewegen.

Ich versuche auch, die Pillchen immer vor dem Essen zu nehmen und nicht wie bisher auch manchmal danach, weil ich es leider ab und zu verfranse, und zwar, weil ich mich immer noch nicht daran gewöhnt habe, am Tag insgesamt 38 Tabletten und 40 Tropfen zu nehmen.

Ich habe, pfiffig wie ich war, die Kräuterkügelchen in Chinatown besorgt für ein Drittel des Preises, nur damit mein Heilpraktiker mir jetzt gesagt hat, das wäre gut und schön, aber die wären nicht rein genug. Nicht rein genug! Und dabei kann es für uns Kinderwunschlerinnen ja gar nicht blitzblank, frisch und sauber genug zugehen! Also haben wir sie weggeworfen.

Ich hatte meinen zweiten Akupunkturtermin, diesmal wurde an anderen Stellen gestochen, und als die fränkelnde Sprechstundenhilfe nach einer halben Stunde reinkam, um die Nadeln wieder rauszuziehen, hat sie ganz nett und zutraulich gegurrt "Guuud gerrrruuhd?". Nein, ein Laden, in dem sowas passiert, der kann nicht zu esoterisch sein. Außerdem wurde festgestellt, dass ich einen Belag auf der Zunge habe, der da nicht hingehört.

Eine Freundin hat mir erzählt, sie hat geträumt, sie wäre schwanger, und dann hätte sie im Traum ein schlechtes Gewissen meinetwegen gehabt. Buh! Das soll bitte im wirklichen Leben nicht passieren, ja? (Das mit dem schlechten Gewissen meine ich, bezüglich der Schwangerschaft: nur zu!)

Und ich freue mich auf meinen Termin Ende Juli in der neuen Klinik.

Aber worauf ich mich fast noch doller freue, ist in ein paar Tagen endlich, endlich umgezogen zu sein, nicht mehr zwischen Kisten zu leben, in denen immer das Falsche ist, meinen Tee wieder aus meinen Tassen zu trinken statt aus irgendwas, und wieder ein Netz zu haben. Endlich bitte wieder ein Netz. Ich brauche mein Netz.

So. Wochenlanges Schweigen verpflichtet zu seitenlangem Geposte.
Im Haus im Moment der Stand der Dinge folgender:

Die Wände sind hübsch weiß gestrichen, leider der frisch abgeschliffene Boden teilweise versehentlich auch. Verkehrte Welt: Flora, die friedfertige, das Schaf, läuft fluchend durch die Bude und keift "Hier auch! Sauerei! Die sollen nochmal kommen und das saubermachen! Und dafür 4000 Euro, mein Arsch!" während L., der Fuchs, der Handwerkerschreck, dem keiner was vormacht, besänftigt: "Kann doch mal passieren." Genau. Mal. Nicht 200 mal.

Die Küche ist drin, von zwei Monteuren mit dem Gemüt des Dalai Lama aufgebaut. Die waren durch nichts aus der Bahn zu werfen. Unsere Küche ist schief. Nichts ist im rechten Winkel. Die Arbeitsplatte war falsch abgemessen, und dann passte die Spüle erst mal nicht. Der Unterschrank war zu groß und kollidierte mit dem Abflussrohr. Jedenfalls, nachdem das fehlende Abflussrohr, das Ikea nicht mitgeliefert hatte, dann mal drin war. Und dann noch so ungefähr acht andere Katastrophen. Ich zitterte und schwitzte, die Monteure montierten. Jetzt steht die Küche und sieht in meinen Augen rattenscharf aus, das Biest.

Die Lichtschalter sind an der Wand, müssen aber zum Teil wieder runter, weil aus unerfindlichen Gründen die Elektriker zum Teil merkwürdige 80er-Schalter in weiß montiert haben, obwohl wir schwarze Bakelit-Schalter wie aus den 40ern bestellt hatten. Bei den Steckdosen hab ich den Überblick verloren. Manche müssen noch, manche sind zwar montiert, gehen aber noch nicht, andere hängen noch aus der Wand, gehen aber schon.

Ungefähr 80% unserer Möbel, Bücher (wenn man gerade umzieht, erscheint der Kindle plötzlich als richtig dufte Idee), Platten (pfeif auf den Charme knisternder Rillen, in Zukunft mp3s für mich) und anderen Geraffes haben wir schon nach und nach da hingeschleppt und auf den Dachboden oder in den Keller gebuckelt. Der Rest ist zu schwer für mich und L. zusammen, da müssen noch andere Jungs ran. Und die kommen hoffentlich am Freitag. Dann ziehen wir um. Also, so richtig. Das heißt, jetzt bringen wir auch schon unsere Tage mit Handwerkern und Pappkartons und Arbeitshandschuhen und Kabeltrommeln und dem Chinaservice zu, das wird sich auch nach Freitag so schnell nicht ändern, aber wir werden am Freitag Morgen in unserer alten Wohnung aufwachen und am Freitag Abend in unserer neuen Hütte einschlafen, und danach führt kein Weg mehr zurück in die Innenstadtbutze mit dem Dönerladen an der Ecke und dem Kiosk schräg gegenüber, mit meinen Mädchen in Laufentfernung und einem der besten Kinos der Stadt zwei Straßen weiter.

Damit zum Tier. Die kleine Lili war beim Friseur. Sie war während unseres Urlaubs bei meiner Schwiegermutter auf dem Land, also in der besten Hundepension der Welt, und im Service inbegriffen war der Friseurbesuch. Jetzt sieht sie zwar hundeschautauglich, aber damit auch grundbescheuert aus. Vor allem dann, wenn man so dasteht und sie vor einem sitzt und sie plötzlich so klitzeklein wirkt und man ihren platten Kopf und die riesigen Ohren genau vor der Nase hat. Vorher hatte sie einen Kopf wie ein Galloway-Rind, mit breiter und gelockter Stirn. Jetzt hat sie einen Kopf wie ein... weiß auch nicht. Wie irgendwas mit plattem Kopf. Aber sie freut sich schrecklich, die Wolle los zu sein und nicht mehr so zu schwitzen, das wächst alles nach, muss eben scheinbar zweimal jährlich sein, wir gewöhnen uns dran, und ich habe sie so vermisst im Urlaub. Sie sieht nur so sehr ANDERS aus. Kennt jemand diesen Film mit Robin Williams, in dem er tot ist und in einer Art Paradies aus Ölfarben lebt, und irgendwann merkt er, dass sein guter Kumpel Sowieso in Wirklichkeit seine ebenfalls tote Tochter ist? Und er hat sie so vermisst? Nur sieht sie jetzt ganz anders aus? Oder so ähnlich? Jedenfalls ist es natürlich ÜBERHAUPT nicht damit zu vergleichen, seinen Hund nach dem Urlaub wiederzubekommen, und er sieht anders aus. Überhaupt nicht! Aber ein bisschen vielleicht ja doch.

Und dann noch kurz zum Stammtisch. Diesen Samstag hatten wir das ja ins Auge gefasst. Und ich wäre nach wie vor dabei. Wer noch?

1 Kommentar:

  1. Hallo liebe Flora,
    ich kann dieses Mal leider nicht zum Stammtisch kommen, da ich Besuch von meinem Patenkind bekomme. Beim nächsten bin ich gern wieder dabei! Bis dahin, welcome back und erfolgreiches Umziehen!
    LG,
    I.

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