Donnerstag, 20. Mai 2010

Von der Zecke zum Myom

Zecken sind laut aus dem Gedächtnis zitiertem Wikipedia-Artikel eine Überfamilie der Milben und zählen zu den Spinnentieren. Es gibt über 900 Arten auf der Welt. Sie lassen sich auf ahnungslose Tiere und Menschen fallen, saugen ihr Blut aus und können dabei Krankheiten übertragen. Zecken sind außerdem, auch wenn Wikipedia das verschweigt, mit die ekligsten, überflüssigsten und gemeinsten Tiere, die es auf dem Planeten gibt. Zecken hatten schon immer eine Vorliebe für mich. (Dafür verschonen mich Schnaken, sobald auch nur irgendein noch so ranziger Mensch im Umkreis von zehn Kilometern zur Verfügung steht.)

Als Kinder haben wir Wanderurlaub im Schwarzwald gemacht und wohnten auf einem Bauernhof. Den halben Tag verbrachten wir im Heu oder im Unterholz rund um das Bächlein, die andere Hälfte des Tages streiften wir durch Wiesen oder saßen im Wald herum. Abends suchte meine Mutter mich nach Zecken ab. Damals hieß es: wenn man eine Zecke findet, dann muss man sie mit einem Tropfen Uhu umhüllen, so dass sie erstickt. Erst dann soll man sie herausziehen, denn sonst gibt sie unweigerlich alle Krankheitserreger ab, die sie in sich trägt.

Später haben wir irgendwann noch mal ein Revival dieser paradiesischen Kindheitsurlaube gemacht. Um genauer zu sein, so ungefähr zehn Jahre später. Jetzt hieß es: bloß kein Uhu, die Zecke soll ahnungslos sein, wenn ihr Schicksal sie ereilt. Man schleicht sich an, packt sie mit einer Pinzette und dreht sie im Uhrzeigersinn heraus. Der Grund dafür liegt in ihrer Anatomie, wenn man es anders tut, reißt der Kopf ab, bleibt in der Wunde, alles entzündet sich, und all die Krankheitserreger.... ratet mal, was mit den Krankheitserregern passiert?

Zwei Jahre später ein zweites Revival. Diesmal verlangte die Anatomie der Zecke, dass man sie gegen und nur gegen den Uhrzeigersinn herausdreht.

Irgendwann hatten wir dann einen Hund. Der Hund hatte Zecken. Inzwischen war man wieder schlauer: Zecken dürfen niemals herausgedreht werden, sondern immer gezogen. Am Besten mit einer Pinzette oder einer Zeckenkarte, die man unter die Zecke schiebt und mit der man sie einfach heraushebeln kann. Aha. Und wieso jetzt so und nicht wie vorher? "Die Anatomie der Zecke, Dummerchen."

Letztes Wochenende hat der Hund auf dem Land verbracht, weil ich Damenbesuch hatte. Das Land bedeutet in diesem Fall das Wochenendhaus von L.s Mutter in der Heide. Dort gibt es Zecken. Viele, viele Zecken. Trotz Anti-Zecken-Medikament, mit dem wir Lili genau wie vorgeschrieben beträufeln, hatten sich ein paar davon an unserer Zauberwurst festgesaugt. L.s Mutter fuhr daraufhin in die Zoohandlung im Nachbarort und kam wieder mit zwei hellgrünen Haken, die aussehen wie etwas von Playmobil. Diese Haken soll man unter die Zecke schieben, und dann drehen. "In welche Richtung denn nur?" Das ist vollkommen egal, mein ahnungsloser Schatz. Hauptsache, drehen. Und zwar wegen der Anatomie der Zecke.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass schon auf den Dinosauriern ab und zu eine Zecke herumgekrochen ist. Natürlich kann es gut sein, dass sich inzwischen links- und rechtsdrehende Zecken entwickelt hatten, von denen dann eine Sorte wieder ausgestorben oder nach Timbuktu ausgewandert ist. Aber seit vielen, vielen Jahren stehen der Menschheit Lupen und Mikroskope zur Verfügung. Trotzdem hat sich in den letzten 30 Jahren die Meinung dazu, wie mit Zecken zu verfahren ist, ca. achtmal verändert, obwohl ihre Anatomie in dieser kurzen Zeit mit Sicherheit die gleiche geblieben ist.

Wenn ich darüber so nachdenken, kriege ich Angst. Wenn ein winziges Insekt solche Verwirrung verbreitet, die aber jedes Mal als todsichere Überzeugung und felsenfeste Tatsache rüberkommt, der nur ein Idiot widersprechen würde - wie sieht es dann mit so etwas Kompliziertem wie unseren lädierten Unterleibern, Spermien, Myomen und all dem anderen Schlonz aus?

1 Kommentar:

  1. Leute, das ist mal der erste Eintrag, den ich NICHT richtig lesen kann. Denn ich finde Z. so eklig, dass ichs nicht mal schreiben kann, nicht mal ohne blöden Gedanken eine Paprika "entkernen" (von wegen Kerne!) oder eine Wassermelone essen kann. Mein armer Dackel - r.i.p. - musste mich nach seinen ungenehmigten, parasitären Waldausflügen immer erstmal beruhigen, bevor ich ihm dann helfen konnte... wenn ich konnte.
    Iiiieh! Z.!!!!

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