Montag, 12. Oktober 2009

"Wie immer?" "Wie immer."

Inzwischen fühle ich mich als Stammgast. Und morgen steh ich mal wieder am Tresen. Meine Fruchtbarkeitsklinik ist inzwischen der Ort, den ich außer meiner eigenen Wohnung am häufigsten betrete. Morgen wieder mal zum Blut abnehmen, und inzwischen sind wir eingespielt. Ich weiß im Wartezimmer blind, welche Zeitschriften in welchem Regal liegen, und den Damen am Empfang muss ich nicht mehr sagen, wie ich heiße. Ich muss auch der Arzthelferin, die mir das Blut abnimmt, nicht mehr sagen, dass sie mir hinterher bitte kein Pflaster draufkleben soll, nein, auch kein weißes, weil ich von Pflastern Ausschlag kriege - der von braunen Pflastern bleibt drei Wochen und ist knallrot und juckt, und der von weißen Pflastern bleibt zehn Tage, ist rosa und juckt. Das wissen die längst. "Sie drücken dann schön kräftig und lange, nüch?" "Jaja, ich drücke." Das ist morgen grob geschätzt meine fünfzehnte Blutabnahme seit dem Schwangerschaftstest damals, wir haben das jetzt alle drauf. Ja, auch ich kann meinen Part: ich weiß, wann ich die Faust ballen muss und wann ich sie öffnen muss, ich muss mich auch morgens nicht in letzter Sekunde noch mal umziehen, weil ich aus Versehen ein enges Hemd unter einem Kleidchen angezogen habe, so dass ich, um den Arm frei zu machen, Kleid und Hemd ausziehen müsste. Und hinterher, wenn ich in der Klinik fertig bin, dann gehe ich mit meinem Stück Zellstoff an den Arm gepresst zu McDonalds und bestelle meinen Glücks-Cheeseburger. Und ich hab fast das Gefühl, auch die Spanierin, die da morgens immer fast allein ist, kennt mich schon und greift automatisch das Richtige, wenn da wieder die Kompressenfrau reinkommt und morgens um zehn einen Cheeseburger will. Vermutlich denkt sie: aha, war wohl wieder spät und lustig gestern. Dabei war es heute früh und nicht so lustig.

Das Schöne an der Gewöhnung ist aber nicht nur, dass das alles wie am Schnürchen klappt. Sondern, dass ich mich auch morgen vermutlich kaum noch aufregen werde, wenn ich laut Blutwert immer noch schwanger bin. Aus irgend einem Grund ist das bei mir so, was soll's? Ewiges Rätsel weiblicher Körper. Und wenn nun eine schreibt, Schuld wäre der Cheeseburger, dann gebe ich eine Studie in Auftrag, die den positiven Nutzen von Cheeseburgern als Unterstützern von Schwangerschaften nachweist, und dann werde ich mit Ruhm und Ehre überhäuft und McDonalds baut mir ein Denkmal.

Nein, das Aufregende an morgen ist nicht der Test, sondern dass ich danach zu Phase drei des geheimen Superprojektes übergehe. Genauer gesagt, steige ich direkt aus der Praxis in einen Zug Richtung Süden und komme eine kleine Weile nicht wieder. Bevor ihr fragt: nein, das Projekt hat nichts damit zu tun, mal wieder richtig braun zu werden oder mir einen alten reichen Sack in einem Badeort anzulachen, und schon gar nichts damit, die sagenumwobenen Super-Kinderwunsch-Kliniken in den europäischen Nachbarländern durchzuprobieren. Und posten werde ich trotzdem, jedenfalls hoffe ich das.

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