Montag, 29. Juni 2009

Eltern spielen

Macht euch auf eine Überraschung gefasst: das Baby lebt! Und gar nicht schlecht!

L. und ich sind allerdings gestern Abend, nachdem seine Eltern es abgeholt hatten, in einen Schlaf gefallen, der so tief war wie zuletzt nach dem Wandertag in den Zoo in der vierten Klasse. War das aufregend! Und war das anstrengend! Vier Stunden, die ich so schnell nicht vergessen werde. Genau so wenig werde ich leider vergessen, wie niedlich sich das anhört, wenn zwei Füße mit Schuhgröße 19 im Affenzahn und unter Windelgeknister durch unsere Wohnung flitzen. Hapüh. Aber jetzt wird nicht geheult, jetzt wird berichtet!

Also. Der Kleine wurde von seinem Vater gegen fünf gebracht, wir bekamen die dicke Babytasche und ihren Inhalt erklärt: Windeln, Gläschen, Wickelzeug, Bärchen, Spielzeug, Bücher. „Die Bücher mag er am liebsten, da könnt ihr ihm draus vorlesen und ihm erzählen, was man auf den Bildern sieht.“ (Später stellte sich heraus: die Bücher haben ihnen einen feuchten Dreck interessiert. Aber das hätten vermutlich alle Eltern gern, dass ihr Kind schon früh eine Leidenschaft für Bücher entwickelt.) Dann nutzte der Vater einen günstigen Moment, als der Kleine gerade hingerissen L. anstarrte, und machte sich davon. Keine Reaktion beim Kleinen. Irgendwann, eine halbe Stunde später, lief er einmal mit suchendem Gesichtsausdruck „mamamamamama?“ piepsend durch die Wohnung, aber keine Tränen und auch schnell Themawechsel.
Nachdem wir jedes einzelne Spielzeug aus der Babytasche ausprobiert hatten und er sich ein Bild von unserer Einrichtung gemacht hatte, beschlossen wir, mit ihm auf den Spielplatz im Park um die Ecke zu schieben. Und jetzt gab es die ersten Tränen: für fünf Sekunden Entsetzen, als sich das automatische Garagentor vor uns und dem Kinderwagen hob!
Gut. Auf dem Spielplatz angekommen haben wir folgende Beobachtungen machen können:
1.Der günstigste Zustand für ein Kleinkind auf einem Spielplatz ist totale Nacktheit, vor allem, wenn es auf diesem Spielplatz Matsch gibt. Zum Glück hatten wir ihm wenigstens Schuhe, Hose und Schlafanzug ausgezogen.
2.Es gibt Kleinkinder, die gehen dir gerade bis zum Knie und halten sich trotzdem klar für einen Achtjährigen. Entsprechend groß ist die Enttäuschung, wenn die anderen Achtjährigen es nicht beim Fußball dabeihaben wollen und die erhofften Pässe ausbleiben.
3.Auf der Rutsche gelten die Regeln der Straßenverkehrsordnung, mit einer Abweichung: Abwärts hat Vorfahrt.
4.Förmchen gehören immer irgendwem, und wenn sie noch so herrenlos aussehen.
5.Die Strecke, die ein Kleinkind pro Sekunde zurücklegen kann, ist direkt abhängig von der Richtung, in die die Aufsichtsperson gerade guckt und davon, wie beschäftigt sie gerade ist. Ich bin sicher, hätte ich auf dem Spielplatz Durchfall bekommen und kurz ins Gebüsch verschwinden müssen, hätte der Kleine den Weltrekord auf 100 Meter gebrochen.

Außerdem bin ich auf dem Spielplatz, glaube ich, in Führung vor L. gegangen. Während anfangs die kleine Zauberwurst noch unparteiisch mal L., mal mir irgendwelche Sachen zeigte („De!“ „Lampe.“ „De!“ „Gitarre.“ „De!“ „Motorsäge.“) und zu uns beiden gleich oft auf den Arm wollte, hat sie sich irgendwann für mich entschieden. Ich glaube, den Ausschlag hat gegeben, dass ich es war, die den Matsch ins Szenario eingeführt hat. Für eine halbe Stunde gab es nur noch Matsch. Matsch, Matsch, Matsch. Dann zogen Wolken auf, es sah nach Regen aus, und wir muckelten die klatschnasse Matschwurst in meine Jacke und verstauten sie wieder im Wagen. Die eigenen trockenen Kleider kamen nicht in Frage, immerhin musste er nach dem Ballett noch mit Eltern und Großeltern fein essen gehen und präsentabel bleiben. Zuhause angekommen haben wir ihn unter die Dusche gesteckt (fand er gut, wider Erwarten) und ich habe zum ersten Mal seit über 20 Jahren ein Kind gewickelt. Dann gab es Gläschen (Tempo und Wendigkeit. Darauf kommt es hier an.) und eine weitere geführte Tour durch die Wohnung. Inzwischen war die Wurst so müde, dass sie torkelte, aber trotzdem wild entschlossen, nicht zu schlafen. Ich robbte ihm also bis Zehn auf allen Vieren hinterher, hob ihn auf Wunsch hoch, hielt meine Hände unter alle wertvollen oder zerbrechlichen Gegenstände, die er inspizierte, knipste auf Wunsch Lampen an und aus und machte insgesamt den Kasper. L. war seit dem Spielplatz zweite Reihe und konnte dadurch ungestört sein Curry essen, den 20.15-Film gucken und die Idylle beobachten.

Und eine Idylle war es. Eltern spielen ist schön. Wir sind zwar in uns zusammengefallen wie zwei nasse Säcke, nachdem die echten Eltern den Kleinen abgeholt hatten, aber bis dahin war es toll. Wir können das, oder? Ich glaub schon.

Ach ja, und hier noch kurz der Status so untenrum:
Es zwickt mal links und mal rechts, mal bin ich dünn, mal bin ich dick, manchmal ist mir ein bisschen schlecht. Aber sonst: keine geheimnisvollen Anzeichen für eine Schwangerschaft. Wenn ich in ein Zimmer komme, fängt das Licht nicht an zu flackern, ich kann nicht mit Tieren sprechen und ich habe immer noch ein Spiegelbild. Ich muss also wohl abwarten bis zum 7. Und genau das tue ich hoffentlich. Letztes Mal waren Punktion, Rückübertragung und Test genau so gesetzt, Punktion am Montag, Übertragung am Donnerstag und Test am übernächsten Dienstag. Und letztes Mal hatte ich Freitag Abend die ersten Anzeichen dafür, dass ich meine Tage kriege. Das heißt, im ungünstigen Fall müsste ich wohl nur noch viereinhalb Tage warten. Das geht doch, oder?

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