Dienstag, 21. April 2009

Der Tag hat 24 Stunden und 840 Babys

Vor ein paar Jahren habe ich eine Woche gefastet. Ich durfte nichts essen, es gab nur Tee, eine schwache läpprige Brühe, die wie Spülwasser schmeckte und von der ich auch nur zwei Tassen täglich schlürfen durfte, und stark verdünnten Fruchtsaft in winzigen Mengen. Ich war schrecklich schwach auf den Beinen und kurz vorm Durchdrehen. Eine Freundin hat mir mehrere Staffeln Sex and the City geliehen. Das half zwar, die Zeit rumzukriegen, aber mir fiel auch zum ersten Mal auf, dass in der Serie dauernd gegessen wird. Nach einer Weile kam es mir vor, als würden die vier ihren Part grundsätzlich mit vollem Mund spielen. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und schwankte in die Buchhandlung um die Ecke, weil ich dachte, dort wäre ich vor Essen sicher. Falsch gedacht. In der Buchhandlung wurde gegrillt. Direkt neben der Kasse war eine Propangasflasche aufgestellt, die einen kleinen Gasgrill befeuerte, auf dem Hühnchen und Gemüse brutzelten. Es hatte irgendwas mit der Promotion für ein chinesisches Wok-Kochbuch zu tun. Ich war umzingelt von Nahrungsmitteln.

Damals dachte ich noch, ich bin drei Viertel Miranda und ein Viertel Carrie. Jetzt ist mir klar geworden, dass ich Charlotte bin. Und ich bin umzingelt von Babys. Plötzlich sind scheinbar alle Frauen schwanger oder schieben einen Zwillingswagen vor sich her. Und ich stelle fest: das macht mir nichts aus. Ich will nicht ihre Kinder. Ich will meine. Ich hadere auch nicht damit, dass viele dieser Frauen aussehen, als hätten ihre Kinder nicht gerade das große Los mit ihrem Elternhaus gezogen. Sie rauchen mit acht-Monats-Bauch, schreien sich mitten auf der Straße mit ihrem Mann an, zerren irgend einen winselnden Pinscher hinter sich her oder haben den Einkaufswagen voll abgelaufener Wiener Würstchen im Speckmantel.
Ich weiß genau: dass ich nicht neidisch bin, liegt nicht daran, dass ich so ein feiner Mensch bin. Es liegt vermutlich eher daran, dass ich an sich nicht besonders verrückt nach Kindern bin. Prinzipiell, meine ich. Ich war noch nie eine der Frauen, die in fremde Kinderwägen spähen und weiche gurrende Laute von sich geben. Ich fange auch nicht an zu heulen, weil eine Frau aus meiner Firma, deren Namen ich kaum kenne, erzählt, sie wäre schwanger. Ich bin froh, wenn ich auf einem Langstreckenflug kein Baby in meiner Nähe sitzen habe, und ich finde die meisten Babys auch nicht niedlich, sondern nur irgendwie... klein. Man kann mich mit einem jungen Hund viel besser begeistern als mit einem jungen Menschen. Aber ich weiß genau, dass das mit meinem eigenen Kind anders wäre. Und deshalb will ich das. Kein anderes. Nicht die Kleine aus dem Bus und auch nicht die Zwillinge aus dem Kinofilm. Ich will meins. So doll, dass während des ersten Zyklus eine meiner Hauptsorgen war: Was, wenn sie es im Labor vertrotteln und ich die Eizelle von irgendwem eingepflanzt bekomme?

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